Rechtsanwalt Volker Weingran über die Reparaturkostenübernahmeerklärung im Sonderheft der Autohaus

Eine Reparaturkostenübernahmeerklärung muss nicht abgewartet, sie muss nicht einmal eingeholt werden. Liegt ein Sachverständigengutachten vor, kann sofort repariert werden.

Häufig werde ich gefragt, ob eine Reparaturkostenübernahmeerklärung (RKÜ) der KH-Versicherung im KH-Schadensfall abgewartet werden muss bzw. darf. Die Antwort lautet: Nein. Eine Reparaturkostenübernahmeerklärung muss nicht abgewartet, sie muss nicht einmal eingeholt werden. Liegt ein Sachverständigengutachten vor, kann sofort repariert werden (z. B. LG Lübeck, Beschluss vom 19. 4. 2013, 16 O 19/12). Das Fahrzeug muss dann nicht mehr im beschädigten Zustand vorgehalten werden. Ein Nachbesichtigungsrecht des Schädigers oder seiner Versicherung besteht grundsätzlich nicht (z. B. LG Berlin, Urteil vom 13. 7. 2011, 42 O 22/10). Eine RKÜ hat rechtlich keine Bedeutung.

Die Kosten niedrig halten

Der Grundsatz, dass eine RKÜ nicht abgewartet werden muss, wirkt sich im Falle eines fahrunfähigen oder nicht verkehrssicheren Fahrzeuges auf die Schadensminderungspflicht des Kunden aus. Gerade weil er frei ist und den Reparaturauftrag sofort erteilen kann, entsteht auch eine Pflicht, den Nutzungsausfall oder die Mietwagenkosten nicht ausufern zu lassen. Ist es ihm möglich, die Kosten der Instandsetzung ohne Rückgriff auf einen Bankkredit aus eigenen Mitteln und ohne besondere Einschränkung der gewohnten Lebensführung vorzustrecken, muss er dies tun (z. B. LG Saarbrücken, Urteil vom 14.2.2014, 13 S 189/13).

Die RKÜ darf in diesem Fall also nicht abgewartet werden. Der Geschädigte muss zwar nicht seine Vollkasko in Anspruch nehmen, um den Schädiger zu entlasten (z. B. OLG Dresden, 4. 5. 2012, 1 U 1797/11, oder OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. 5. 2011, I-1 U 220/10), unter Umständen lässt sich das eigene Kostenrisiko dadurch aber auf die Fahrzeugvollversicherung verlagern.

Ist dem Kunden die Vorfinanzierung nicht möglich, ohne die gewohnte Lebensführung besonders einzuschränken, und steht ihm auch keine Vollkaskoversicherung zur Seite, die er hätte freiwillig einschalten können, kann er hier keiner Schadensminderungspflicht genügen. So entsteht schon die nächste Pflicht, die Versicherung des Schädigers auf diesen Umstand, der den Schaden vergrößern wird, hinzuweisen. Dies sollte nachweisbar dokumentiert werden.

In diesem Fall darf die RKÜ mit Haftungszusage nun ausnahmsweise abgewartet werden, denn dem Kunden ist es nicht zuzumuten, den Schädiger durch eine Zwischenfinanzierung zu entlasten, die auf Kosten der eigenen Lebensführung erbracht werden müsste (z. B. OLG Köln, Beschluss vom 11. 10. 2012, 22 U 48/12, oder BGH, Urteil vom 6. 3. 2007, VI ZR 36/06). Ist ihm die Vorfinanzierung gar unmöglich, kann er den Schaden schlicht nicht mindern. In keinem Fall kann dem Kunden jetzt zugemutet werden, einen Reparaturauftrag zu erteilen, wenn er die spätere Rechnung nicht aus eigenen Mitteln bezahlen kann.

Ihm wird dann aber abverlangt werden können, die Versicherung des Schädigers zu warnen, also darüber zu informieren, dass ihm die Vorfinanzierung unmöglich bzw. nicht zumutbar ist, wodurch ein über die reine Reparaturdauer hinausgehender Nutzungsausfall bzw. höhere Mietwagenkosten entstehen werden. Hiernach ist es an der Schädigerversicherung, Geschwindigkeit aufzunehmen.

Rechtsrat zur Haftungsfrage

In diesem Fall geht der Kunde allerdings auch erst einmal zu Fuß oder es entstehen Mietwagenkosten, deren Übernahme dann ebenso wie die Übernahme der Reparaturkosten ungeklärt ist. Dieses Zwischenergebnis befriedigt nicht. Allerdingsist der Unfall nun mal auch ein Unglücksfall, der nicht immer ohne jedes Risiko oder ohne jede Einschränkung abwickelbar ist. Empfehlenswert ist die Einholung eines Rechtsrates zur Haftungsfrage, um die Wahrscheinlichkeiten abzuwägen. In jedem Fall schafft der anwaltliche Rat eine Basis für weitere Überlegungen. Zudem vermeidet der Kunde, gegen seine Schadensminderungspflichten zu verstoßen und auf Kosten sitzen zu bleiben.

Soll das nicht fahrfähige oder nicht verkehrssichere Kundenfahrzeug möglichst sofort repariert werden, bleiben nur drei Alternativen:

  1. Die RKÜ mit Haftungszusage wird abgewartet, mit der Folge, dass sich Nutzungsausfall oder Mietwagenkosten erhöhen, ohne dass diese erstattungsfähig sind. Die Reparaturkostenfrage ist dann aber beantwortet.
  2. Der Kunde geht in Vorleistung und nimmt ggfs. einen Kredit auf, was den sofortigen Reparaturauftrag ermöglicht, das Kostenrisiko aber voll auf den Kunden abwälzt.
  3. Die Vollkaskoversicherung wird eingeschaltet. Dabei ist aber Folgendes zu beachten: Die Fahrzeugvollversicherung darf nicht sofort bzw. nur dann sofort in Anspruch genommen werden, wenn eine Mithaftung des Kunden feststeht oder eine Schadensausweitung, z. B. durch hohe Mietwagenkosten, vermieden werden kann.

In jedem anderen Fall, z. B. zur bloßen Vorfinanzierung der Reparaturkosten, muss der Schädigerversicherer vor eventuellen Mehrkosten gewarnt werden. Ihm muss also eine angemessene Zahlungsfrist gesetzt und er muss gleichzeitig auf diese Folge nach Fristablauf hingewiesen werden.

Dieser Artikel ist im Original hier zu lesen

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