Beilackierung - Unfallschaden - fiktive Kosten

Das Landgericht Aachen (Urteil vom 13.09.2017 – 8 O 451/16) sprach einer Geschädigten fiktive Beilackierungskosten zu. Bei der fiktiven Schadensabrechnung machen Geschädigte Nettoreparaturkosten geltend – oft auf Basis eines Sachverständigengutachtens. Die Kosten stehen ihnen dann sofort zu – also ohne jede Reparatur. Die Kfz-Haftpflicht-Versicherungen der Schädiger versuchen nun allerorts, den Schadensumfang in Frage zu stellen. Neben den Klassikern, wie UPE-Aufschlägen und Verbringungskosten, stehen die Beilackierungskosten bei den KH-Versicherern hoch im Kurs, weil sie meisten mehrere hundert Euro ausmachen. Das Argument der Stunde ist der Hinweis darauf, dass man ja erst während oder nach der Lackierung sehen könne, ob eine Beilackierung, die auch Farbtonangleichung genannt wird, überhaupt notwendig sei. Allerdings werden dabei oft zwei Punkte übersehen: Zum einen würde eine nachträgliche Beilackierung ein Mehrfaches der ursprünglichen Kosten ausmachen, weil das Fahrzeug länger stehen und Arbeitsschritte wiederholt werden müsste(n). Zum anderen stehen den Geschädigten auch diese Kosten schon dann zu, sobald festzustellen ist, dass sie üblicherweise anfallen würden.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf stellte in seinem Urteil vom 27.03.2012 – 1 U 139/11 – nicht in Frage, dass Beilackierungskosten fiktiv abrechenbar sind und die Sachverständigen der Geschädigten – und nicht die KH-Versicherer der Schädiger – deren Erforderlichkeit feststellen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Oberlandesgerichte zu den Verbringungskosten ist zudem auf die Beilackierungskosten übertragbar. In seinem Urteil vom 14.05.2013 – VI ZR 320/12 – verweist der Bundesgerichtshof selbst „auf die aufgrund zahlreicher Fundstellen ersichtliche Rechtslage“ und „etwa“ auf das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 06.03.2012 – 1 U 108/11. Dort heißt es: „Nach vorherrschender Auffassung [der Oberlandesgerichte] sind die entsprechenden Kosten, soweit sie in einem Gutachten eines anerkannten Sachverständigen Berücksichtigung gefunden haben, ersatzfähig, wenn sie nach den örtlichen Gepflogenheiten auch bei einer Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt angefallen wären. Diese Voraussetzung liegt hier vor, da die Erhebung von Ersatzteilaufschlägen und Verbringungskosten im Großraum Düsseldorf senatsbekannt bei markengebundenen Kfz-Werkstätten regional üblich ist“.

Dass auch die Beilackierung der angrenzenden Teile üblicherweise erforderlich ist, stellte nun das Landgericht Aachen – unter Zuhilfenahme eines Kfz-Sachverständigen – fest. Weil die zur Verfügung stehenden Farbtöne so vielfältig seien, was nur eines von vielen gewichtigen Argumenten für die fiktive Abrechenbarkeit von Beilackierungskosten ist, sei der Verzicht auf eine Farbtonangleichung heutzutage schon nur noch eine Ausnahme. Bei einer Zweischicht-Metallic-Lackierung, wie sie hier vorlag, sei eine Beilackierung nie verzichtbar. Folgerichtig sprach das Landgericht Aachen der Geschädigten diese Kosten fiktiv zu.

Nebenbei stellte der gerichtlich bestellte Sachverständige auch fest, dass im Aachener Raum Ersatzteil- oder UPE-Aufschläge üblich und damit – nach der gerade eben zitierten Rechtsprechung sogar des Bundesgerichtshofs – immer fiktiv abrechenbar sind.

Wenn Sie Fragen dazu haben, wenden Sie sich gerne an unseren Verkehrsrechtler, Herrn RA Volker Weingran.

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