Oldtimerrecht - Die Laufleistung

Das Oberlandesgericht München (Urteil vom 14.12.2016 – 20 U 1458/16) hatte über einen Rücktritt von einem Autokaufvertrag zu entscheiden. Dabei handelte es sich um den Kauf eines Oldtimers, dessen Tacho im Rahmen der vom Verkäufer veranlassten Restaurierungsarbeiten auf „0“ gesetzt worden war. Der Kläger machte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 330.000 EUR geltend – und gewann:

Der Kläger hatte Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung sowie Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten, weil die Angaben des Beklagten im Kaufvertrag zur Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs unzutreffend waren und der Beklagte zudem pflichtwidrig verschwiegen hatte, dass im Rahmen der von ihm veranlassten Restaurierungsarbeiten der Tacho auf „0“ gesetzt worden war.

Die Laufleistung des Fahrzeugs kann bei einem Oldtimer nicht als für den Kaufentschluss unerheblicher Umstand angesehen werden, was dem Beklagten auch bewusst gewesen sein musste. Es mag – so das Oberlandesgericht München – sein, dass bei Sammlerfahrzeugen der bisherigen Laufleistung als wertbildendem Faktor nicht dieselbe Bedeutung zukommt wie bei einem zum täglichen Gebrauch bestimmten Fahrzeug. Das ändert aber nichts daran, dass es sich um einen – möglicherweise weniger gewichtigen – Faktor handelt, der für die Kaufentscheidung Bedeutung haben kann. Das zeigte sich schon daran, dass in den vom Beklagten verwendeten Formular-Kaufvertrag für den „Verkauf eines historischen Fahrzeugs“ eine Erklärung des Verkäufers zur Gesamtfahrleistung vorgesehen war. Überdies hatte der Beklagte in den von ihm eingestellten Inseraten jeweils einen (niedrigen) Kilometerstand angegeben, was ebenfalls belegte, dass dieser durchaus von Interesse ist. Hinzu kam, dass der Beklagte das Fahrzeug im Inserat als „vergleichbar mit einem Neufahrzeug“ beschrieben hatte. In diesem Zusammenhang stellte die im Kaufvertrag angegebene außergewöhnlich niedrige Gesamtlaufleistung – von 50 km – einen mit dieser Beschreibung korrespondierenden und sie bestätigenden Umstand dar. Zudem hatte der Kläger vorgetragen, dass ihm die Laufleistung des Fahrzeugs wichtig gewesen sei.

Darüber hinaus stellt die Herabsetzung des Tachostandes auf „0“ im Zuge der vom Beklagten veranlassten Restaurierungsarbeiten schon für sich betrachtet einen Umstand dar, über den der Beklagte als Verkäufer den Kläger ungefragt aufzuklären hatte. Die Veränderung des Messergebnisses des Wegstreckenzählers stellt grundsätzlich eine Straftat dar (§ 22b StVG). Der Käufer eines gebrauchten Fahrzeugs kann sich folglich darauf verlassen, dass die Anzeige des Wegstreckenzählers die tatsächlich gemessene gesamte Laufleistung des Fahrzeugs wiedergibt. Ist das nach Kenntnis des Verkäufers nicht der Fall, hat er den Käufer darauf hinzuweisen. Hier war überdies aufgrund einer vom Beklagten veranlassten Maßnahme das Messergebnis des Wegstreckenzählers verändert worden. Unerheblich war, ob die Veränderung des Messergebnisses als Verfälschung im Sinne des § 22b StVG einzuordnen ist oder nicht, etwa weil sie im Rahmen der Reparatur, Justierung oder Konvertierung des Wegstreckenzählers erfolgt ist. Die berechtigte Erwartung des Käufers, dass der Tachostand der tatsächlichen Laufleistung entspricht, wird in beiden Fällen nicht erfüllt. Es kam somit nicht darauf an, ob die Herabsetzung des Tachostandes auf „0“ deshalb erfolgt war, weil der Tacho ursprünglich Meilen gezählt hatte und im Zuge der Restaurierung auf die Zählung von Kilometern umgestellt worden war.

Wenn Sie Fragen dazu haben, wenden Sie sich gerne an unseren Verkehrsrechtler, Herrn RA Volker Weingran.

Zum Seitenanfang